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Eineinhalb Jahre Integrationsmanagement in Östringenicon.crdate23.05.2019
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Seit November 2017 hat das Integrationsbüro Östringen Verstärkung durch sogenannte IntegrationsmanagerInnen. Sie sind Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landratsamts Karlsruhe und werden den Kommunen im Rahmen des „Pakts für Integration“ zur Verfügung gestellt. Ihre Aufgabe ist die soziale Beratung von Flüchtlingen in der kommunalen Anschlussunterbringung. Auch die Stadt Östringen hat das Angebot des Landratsamts angenommen und schätzt die hervorragende Zusammenarbeit. In Östringen teilen sich aktuell Franziska Zeise und Florian Ziegler eine Vollzeitstelle und unterstützen Östringer Flüchtlinge vor Ort. Das folgende Interview mit Franziska Zeise stellt die Arbeit des Integrationsmanagements vor.
Was bietet Ihre Beratung an?
Wir bieten Sozialberatung in Einzelfällen an. Es kommen Menschen zu uns, die wir bei der Bewältigung verschiedenster Situationen beraten und unterstützen und gegebenenfalls an die entsprechenden Behörden oder anderen Beratungsstellen weiterleiten. Wir knüpfen Kontakte und kooperieren mit vielen Bildungseinrichtungen wie Sprachschulen, allgemeinbildende Schulen und Kindergärten. Wohnraum und vor allem bezahlbarer Wohnraum in dieser Region ist ein sehr großes Thema. Wir unterstützen die Personen auch intensiv bei Antragstellungen für verschiedene Stellen, wie zum Beispiel für Sozialleistungen. Eine enge und gute Zusammenarbeit besteht im Bereich der Arbeitsintegration. Eine große Hilfe dabei ist der ehrenamtliche Job-Coach, der Kontakte zu vielen Unternehmen in der Region hat. Gemeinsam unterstützen wir die Personen bei der Arbeits- und Ausbildungssuche.
Gibt es häufige Fragen von Ihren Klienten?
Es gibt viele Fragen rund um das Thema Asylverfahren, beispielweise, was sie hinsichtlich ihres Aufenthaltsstatus zu erwarten haben und welche Wege ihnen offen stehen. Allgemeine aufenthaltsrechtliche Fragen versuchen wir verständlich zu erklären und leiten an Fachstellen zu dieser Thematik weiter. Viele Fragen drehen sich auch um Arbeit und Ausbildung. Wenn jemand zum Beispiel eine Duldung hat, informieren wir vorab über die Möglichkeit einer Ausbildungsduldung und auch darüber, welche Mitwirkungspflichten man in Verbindung mit der Duldung hat.
Wer kommt zu Ihnen in die Beratung?
Alle geflüchteten Menschen, die in Östringen wohnen, unabhängig vom Aufenthaltsstatus. Und unabhängig davon, ob sie noch in der Anschlussunterbringung wohnen oder schon eine private Wohnung gefunden haben.
Bei welchen Themen gibt es häufig Schwierigkeiten?
Aufenthaltsrechtliche Themen sind problematisch, da wir nur informieren und aufgrund des gesetzlich festgelegten Rahmens nichts ändern können.
Psychosoziale Themen gestalten sich schwierig, wenn es den Geflüchteten nicht möglich ist, uns ihre Situation auf Deutsch verständlich zu machen. Mit einem Dolmetscher ist zwar eine Übersetzung gewährleistet, aber das Vertrauensverhältnis zu der dolmetschenden Person ist natürlich ein anderes, und somit spricht man eventuell nicht in vollem Umfang über bestimmte Situationen. Eine große Hilfe in der Arbeit mit psychisch belasteten Personen sind die Sozialpsychiatrischen Dienste, die sich trotz Sprachbarrieren für Geflüchtete geöffnet haben.
Die Wohnungssuche und die Wohnungssituation stellen für alle ein Problem dar. Die dadurch entstehende Belastung wirkt sich auf die Gesundheit aus und erschwert Integration im Sinne einer selbstbestimmten Selbstverwirklichung.
Hat sich die Beratung im Laufe der Zeit verändert?
Ja. Anfang 2016, als ich angefangen habe, in dem Bereich zu arbeiten und in einer Gemeinschaftsunterkunft tätig war, handelte es sich vor allem um Arbeit, die mehr Verwaltungsaufgaben und weniger sozialpädagogische Tätigkeiten beinhaltete. Das hing damit zusammen, dass die Personen gerade in Deutschland angekommen waren. Es ging viel um Antragstellungen und Anmeldungen bei Sprachkursen, Schulen, Kindergärten oder anderen Institutionen. Mittlerweile haben viele Personen ein gutes Deutsch-Sprachlevel und kommen gut in Deutschland zurecht. Die Beratung und Begleitung der Menschen im Hinblick auf die Integration in Arbeit war ebenfalls von Beginn an ein Ziel. Die Zusammenarbeit mit der Arbeitsagentur und dem Jobcenter ist hierbei zentral. Es hat viele Absprachen gebraucht, da die Anzahl der Geflüchteten für beide Behörden eine Herausforderung war. Das hat sich gelohnt, denn die Zusammenarbeit funktioniert jetzt gut und wird stetig intensiviert. Generell arbeiten die einzelnen Institutionen viel besser zusammen und es ist in den letzten Jahren ein großes Netzwerk in dem Bereich entstanden.
Leider hat sich die Arbeit auch dahingehend verändert, dass wir Perspektiven oder besser: nicht vorhandene Perspektiven (außer einer Ermessensduldung) laut Aufenthaltsgesetz für Personen mit einer Duldung verständlich erklären müssen. Viele Asylverfahren aus den Jahren 2015 und 2016 kommen derzeit in einer letzten Instanz zu einer Entscheidung und damit verändern sich für diese Personen die Zukunftsperspektiven für ein Leben in Deutschland. Das ist oft ein sehr schwieriger und emotionaler Moment. Die Personen leben schon einige Jahre in Deutschland und haben angefangen, sich ein neues Leben aufzubauen, und dann macht ein Brief mit einer negativen Entscheidung das alles nichtig.
Dadurch rückt auch eine psychosoziale Arbeit zunehmend in den Fokus. Die Personen beginnen langsam, ihre Vergangenheit aufzuarbeiten und sich Gedanken zu machen, wie sie ihr Leben gestalten wollen oder eben auch (aufenthaltsrechtlich) können.
Die Arbeit für uns verringert sich keineswegs, weil weniger Flüchtlinge in Deutschland ankommen. Generell kann man sagen, dass sich die Anforderungen und Themenbereiche der Arbeit verschoben haben und es eine andere Intensität der Arbeit ist.
Das Interview führte Kevin Forsyth.